dinsdag 20 september 2011

LAUF!!!

Es passiert leider viel zu selten, aber heute hatte ich Zeit spazieren zu gehen. Ich schnappte mir Cheyenne und Faya weil die viel Konflikte haben und ein gemeinsamer Spaziergang Gemeinsamkeit schafft, und den kleinen halbjährigen Vizslarüden Gucci. Abgesehen von den Spaziergängen die Gucci beim Züchter gemacht hatte, war ich in den 2 Monaten die er bei mir ist nur einmal mit ihm in der Stadt und war heute sein erster echter Spaziergang mit mir ausserhalb der 3 ha unseres Geländes.

Auf der Strasse waren natürlich alle drei Hunde angeleint, aber einmal auf dem Feldweg gingen die Leinen ab. 3 jagdlich begabte Hunde...

Cheyenne, die 12-jährige Tschechoslowakische Wolfshündin läuft immer hinter mir und ausser einem freundlichen Blick oder einem freundlichen Wort brauch ich nichts zu machen - das ist sehr angenehm. Faya, die feurige 3-jährige Wolfshündin, lief am Anfang des Spazierganges ein Stückchen vor und erkundete mal so links und rechts ob irgendwo der hundliche Äquivalent einer Pommesbude oder einer Achtbahn (Hase und/oder dessen Spur) zu finden war und Gucci orientierte sich an ihr und tat das gleiche.

Nachdem ich ein paar Mal "raus da" rufen musste um die zwei daran zu hindern im Maisfeld oder auf dem Feld zu verschwinden, leinte ich sie wieder an, lief ein paar Meter weiter und leinte sie wieder ab. Als Faya wieder vorlaufen wollte bekam sie die Leine an den Hintern geworfen, schaute mich fragend an und mit einem Blick sagte ich ihr, sie solle sich wieder neben mich begeben. Gucci schloss sich ihr an, machte kurze Zeit später noch einen Versuch vor zu laufen, bekam einen wortlosen Klaps auf den Hintern und den gleichen Blick und lief von da ab auch bei mir.

Ich fühlte mich immer entspannter und hatte je länger je mehr das Gefühl "wir gehören zusammen und machen gemeinsam einen Spaziergang". Ich brauchte nicht auf zu passen und konnte die Umgebung geniessen und die Gedanken schweifen lassen.

Meine Gedanken schweiften nach gestern Abend, als ich im Internet suchte nach Urlaubsmöglichkeiten für Mehrhundehalter. Die Häuser interessierten mich nicht so, die Umgebung schon. Und es wurde schon ganz schnell schwierig. Hier sah ich auf einem Bild Schafe laufen, da wurde gemahnt den Jäger des Reviers nicht zu verärgern, immer war was. Und in meinem Kopf war ein Bild von 8 Hunden, die sich ungehemmt ins Grüne stürzen... Urlaub halt!

Manchmal macht mein Kopf komische Sachen, das wurde mir heute während des Spaziergangs deutlich. Zusammen Urlaub machen - wie passt das denn zu dem Bild von Hunden die sich in alle Himmelrichtungen entfernen? Wo ist da das Zusammen?

Wie oft haben wir, auch in der Hundeschule, beim Üben vom abgeleint dran bleiben nicht den einen Gedanken im Kopf: "wann sage ich ´LAUF´? gefolgt von "und was mache ich dann? Wie weit? Wie schnell? Bis wo reicht mein Einfluss?".
Die Hunde denken genau so - und das haben wir ihnen beigebracht."WANN sagt sie endlich ´lauf´?". So entsteht ein Teufelskreis, denn natürlich spüren wir die Erwartungshaltung des Hundes und bekommen noch mehr das Gefühl, das Kommando "Lauf" geben zu müssen - und zwar möglichst schnell.

Ich fragte mich, wo dieses Wegschicken des Hundes, das ich eigentlich doof finde und das für viel Elend sorgen kann bei der Vielzahl jagdlich talentierter Hunde die ich habe, doch seinen Ursprung hat? Die Antwort war: ich möchte den Hunden was bieten, möchte, dass sie auch Spass haben. Und ich merkte, dass ich das ´nur´ Spazieren-gehen mit mir damit schon selber als langweilig bestempel...

Aber gut, was verstehe ich unter (gesellschaftlich akzeptiertem) Hundespass? Das ist vor allem:
Rennen
Schwimmen
Mit anderen Hunden spielen
Schnuppern.

Und sofort nachdem ich diese Liste aufgestellt hatte, wusste ich wo der Schuh drückt.
Ich will alles gleichzeitig! Zusammen spazieren gehen bedeutet dann, dass der Hund in meiner Nähe bleibt und gleichzeitig alles machen kann was oben unter Hundespass aufgelistet ist. Ohne zu wissen, wann was an der Reihe ist - er muss halt immer ausprobieren ob es gerade geht und ich muss hart arbeiten um ihn zu kontrollieren. Und muss die ganze Zeit "nein" sagen und die Grenzen bewachen - kein schöner Spaziergang.

Hm.

Als Kind hat mein Vater mich ab und zu mitgenommen auf einen Kudamm-Bummel. Das war jetzt nicht was ich mir als Kind unbedingt gewünscht hätte und alles was da zu sehen und zu erleben war, war zwar spannend aber interessierte mich nicht echt. Aber: ich war alleine mit meinem Vater unterwegs. Wow. Nach der Schule spielten wir draussen mit anderen Kindern und Sonntags machten wir Waldspaziergänge. Ich glaube nicht, dass mein Vater während des Kudamm-bummels gedacht hätte, er müsste mich jetzt spielen lassen mit einem Kind das wir getroffen hätten - auch nicht, wenn es meine beste Freundin gewesen wäre. Ich glaube auch nicht, dass ich das in der Ferne erwartet hätte.

Nach 2 Stunden war ich wieder zuhause mit 3 müden und entspannten Hunden. Und habe mich entschlossen, in Zukunft den Hundespass "gemeinsamer Spaziergang" zu trennen von den anderen Hundespässen. Was nicht heisst, dass beim Spaziergang nichts möglich wäre - aber man könnte es deutlich abgrenzen vom gemeinsamen Spaziergang. Das würde zB bedeuten, dass wenn wir auf eine Hundebekanntschaft stossen, die Hunde nicht sofort miteinander spielen, und man zusammen zu einer Stelle läuft wo man eine Weile bleibt und die Hunde toben können. Und dann setzt man gemeinsam den Spaziergang fort. Es könnte aber auch bedeuten, dass heute nicht mit anderen Hunden gespielt wird - denn wir sind zusammen unterwegs.
Es würde nicht bedeuten, dass meine Hunde nirgends mehr schnuppern dürfen - natürlich warte ich auch gerne mal auf sie wenn eine interessante Stelle beschnuppert werden will - genauso wie meine Hunde heute auf mich gewartet haben als ich Brombeeren gepflückt habe. Aber wir machen uns beide nicht selbstständig und machen unser eigenes Ding.

Die wichtigste Erkenntnis war heute für mich: es ist nicht langweilig, zusammen mit mir spazieren zu gehen! Zusammen unterwegs sein bringt für beide ein tolles Gefühl mit sich: das "Wir" Gefühl. Voraussetzung ist, dass ich diesem Gefühl eine Chance gebe, statt es auf Distanz zu halten mit meinem beinah zwangsmässig gerufenen "Lauf!".

Meine mühselige Urlaubsplanung hat sich erledigt - wir können überall hin!